In den Medien:

 

Gesa Coordes, Vegetarier im Unabhängigkeitskampf, in: DUZ. Magazin für Wissenschaft und Gesellschaft, Nr. 3/2022, 18. März 2022, S. 34–36

Julia Hauser ist Privatdozentin für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Kassel. Im Februar 2022 erhielt sie die Habilitation in Neuerer und Neuester Geschichte. Von 2014 bis 2021 war sie Junioprofessorin für Globalgeschichte an der Universität Kassel, nachdem sie 2012 summa cum laude an der Universität Göttingen bei Rebekka Habermas promoviert worden war. In Forschung und Lehre beleuchtet sie Deutschlands Verflechtungen mit anderen Teilen der Welt, v.a. dem Osmanischen Reich und Indien, vom „langen“ 19. bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts.

In ihrer 2015 bei Brill unter dem Titel „German Religious Women in Late Ottoman Beirut. Competing Missions“ veröffentlichten Dissertation untersucht sie die Tätigkeit Kaiserswerther Diakonissen von 1860 bis 1918 in Beirut. Die Studie nimmt damit eine Zeit in den Blick, in der das Deutsche Kaiserreich im Osmanischen Reich Einfluss zu gewinnen suchte. Zugleich stieß der osmanische Staat wichtige Reformen an, während sich auch in den arabischen Provinzen Modernisierungsbestrebungen entwickelten. Vor diesem Hintergrund zeigt Julia Hauser, wie die Tätigkeit der Diakonissen deutschen Frauen breitere Handlungsspielräume eröffnete, gleichzeitig jedoch auch Konflikte zwischen diesen Frauen und ihren arabischen Schülerinnen entstehen ließ. Gleichzeitig stellt sie heraus, dass das von der Kaiserswerther Diakonie verfolgte Konzept der Zivilisierungsmission durch kontinuierliche Aushandlungsprozesse mit lokalen Akteuren konterkariert und in seine Schranken verwiesen wurde.

In ihrer 2024 bei Columbia University Press unter dem Titel „A Taste for Purity. An Entangled History of Vegetarianism“ erschienenen Habilitationsschrift analysiert Julia Hauser Debatten über Vegetarismus zwischen Deutschland, Großbritannien, Indien und den Vereinigten Staaten von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in den beginnenden Kalten Krieg. Sie zeigt, dass Vegetarismus und Lebensreform in Großbritannien und Deutschland von aus Indien entlehntem Wissen beeinflusst wurden, während europäisches Wissen über Vegetarismus indische Diskurse prägte. Obwohl Vegetarismus in unterschiedlichen Kontexten verortet blieb, waren auf beiden Seiten Konzepte von Reinheit zentral: durch Verzicht auf tierische Nahrung, so argumentierten Vegetarier, könnten Menschen das „Tierische“ in sich unterdrücken – eine Vorstellung, an die oft die Hoffnung auf moralische, zum Teil sogar biologische Evolution des Individuums oder gar der Menschheit geknüpft war. So erschien Vegetarismus in Europa und Nordamerika als Antwort auf vermeintlichen Probleme der Moderne im Zuge der Industrialisierung, verband sich mit neuen religiösen Bewegungen und rückte bisweilen in die Nähe von Eugenik und Rassentheorie. In Indien erlangte der Vegetarismus im Kontext zunehmenden Widerstands gegen den Kolonialismus eine neue Bedeutung, indem er manchen als Grundlage der zu gründenden Nation erschien. Auf diese Weise inspirierte er nicht nur Gandhis Lehre der Gewaltfreiheit, sondern auch Bewegungen, die die Anwendung von Gewalt befürworteten.

Neben ihren Monographien und zwei von ihr mit herausgegebenen Sammelbänden hat Julia Hauser Artikel (peer-reviewed) in den Beiheften zur Historischen Zeitschrift, dem Journal of World History und South Asia. Journal of South Asian Studies veröffentlicht. Weitere Beiträge erschienen in WerkstattGeschichte und verschiedenen Sammelbänden. Außerdem hat sie blog posts u.a. für Geschichte der Gegenwart verfasst.

Julia Hauser absolvierte Forschungsaufenthalte u.a. an der Rice University in Houston/Texas, USA, dem Orient Institut Beirut, Libanon und dem International Center of Advanced Studies: Metamorphoses of the Political (ICAS:MP). Ihre Arbeit, die sie immer wieder in Archive und Bibliotheken u.a. in Deutschland, dem Libanon, Indien, Großbritannien, Frankreich und in die USA führt, wurde bislang durch Drittmittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Gerda Henkel Stiftung, der Fritz Thyssen Stiftung, der Max Weber Stiftung und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt.

Forschungsschwerpunkte


Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts

Verflechtungsgeschichte Deutschlands und des Osmanischen Reichs im „langen“ 19. Jahrhundert

Verflechtungsgeschichte Europas und Südasiens (ca. 1850–1950)

Geschlechter- und Körpergeschichte

Geschichte von Kolonialismus und Dekolonisation

Wichtigste Veröffentlichungen


Mit Sarnath Banerjee, The Moral Contagion. Delhi: Harper Collins India, 2024.

A Taste for Purity. An Entangled History of Vegetarianism. New York: Columbia University Press, 2024.

German Religious Women in Late Ottoman Beirut. Competing Missions. Leiden; Boston: Brill, 2015.

Internationalism and Nationalism. Indian actors at the Fifteenth World Vegetarian Congress (1957), in: South Asia. Journal for South Asian Studies (44/1, 2021), S. 152–166.

Mit Bilal Orfali und Kirill Dmitriev (Hrsg.), Insatiable Appetite: Food as a Cultural Signifier. Perspectives on the Middle East and Beyond. Leiden; Boston: Brill, 2020.

Mit Christine B. Lindner und Esther Möller (Hrsg.), Entangled Education. Foreign and Local Schools in Ottoman Syria and Mandate Lebanon (19th—20th Centuries), Beiruter Texte und Studien; 137 (Würzburg: Ergon, 2016).